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Wie komme ich im Winter gut durchs Home Office?

Das nachstehende Interview mit Ute Kröger erschien am 30. Oktober im Schwarzwälder Boten. Die Fragen stellte Jürgen Renner.

Frau Kröger, zunächst die Frage: Sie sind Transaktionsanalytikerin – was darf man darunter verstehen?

Sie haben mir eine Frage gestellt – und ich antworte da rauf. Das ist eine Transaktion – als Transaktionsanalytikerin befasse ich mich damit, wie Menschen kommunizieren. Mit sich, mit anderen und ihrer Umgebung. Ich unter stütze sie dabei, sich selbst und andere besser zu verstehen und die eigenen Stärken zu entwickeln. Die Corona-Pandemie ist im Frühjahr erstmals über uns geschwappt. Trotz Social Distancing gilt es, gute Beziehungen zu pflegen. Welche Ratschläge haben Sie hierzu? Es sind häufig einfache Dinge die große Wirkung entfalten:
Öfter mal nachfragen, wie es jemandem geht, gemeinsam Spaziergänge machen. Einander bei Begrüßung, Abschied bewusst
wahrnehmen und einen Moment länger anschauen oder anlächeln. Ängste ansprechen – auch das, was wir vermissen. Berührungen sind für uns überlebenswichtig und dass viele momentan darauf verzichten müssen, erzeugt Ängste, Trauer, Unsicherheiten. Wenn dies überhand nimmt, ist es wichtig, sich Hilfe zu suchen. Auch das ist gute Selbstfürsorge.

Ein Motto von Ihnen ist »Social Distancing gemeinsam meistern«. Wie kann man das machen?


Das ist der Titel eines meiner Online-Seminare für diejenigen, die jetzt allein im Home-Office arbeiten. Manchen fehlt zum Beispiel die gewohnte Zeitstruktur, das verunsichert. Da hilft es, den Tag in kleinen Etappen zu planen, kurze Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen bewusst einzubauen, ebenso wie Pausen und Bewegung. Ein tägliches Ritual für den Beginn des Feierabends entwickeln – das ist besonders wichtig.

Was denken Sie, wie hat die Pandemie in den vergangenen Wochen das Zwischenmenschliche verändert?

Das lässt wich wahrscheinlich erst irgendwann in der Rückschau sagen. Was ich in meinem Umfeld wahrnehme ist, dass es für viele jetzt wichtig ist, etwas aus der Pandemie zu lernen. Die Hilfsbereitschaft, die Besinnung auf das Wesentliche, das Bewusstsein für notwendige Änderungen im gesellschaftlichen Zusammenleben gilt es jetzt mitzunehmen. Gleichzeitig hat die Pandemie zu gesellschaftlicher Unsicherheit, vermehrtem Stress zu Hause wegen geschlossener Schulen und Kitas geführt. Hier ist noch Einiges zu tun, um unser Miteinander fair und menschlich zu gestalten. 

Im November geben Sie ein Webinar für die VHS Hechingen. Dabei wollen Sie Impulse geben, damit der Mensch auf seine Grundbedürfnisse achtet. Können Sie hierzu ein Beispiel nennen?

Vielleicht sitzt, sagen wir mal Florian, jetzt im Home-Office und er ist schlecht drauf. Er hat den gleichen Job wie vorher, die gleichen Kollegen und Kolleginnen, einen ähnlichen Ablauf. Trotzdem wird seine Stimmung von Tag zu Tag mieser. Florian liebt die  kleinen Gespräche bei einer Tasse Kaffee, er findet es toll, anderen einen Gefallen zu tun und dafür Anerkennung zu erhalten. Die regelmäßigen Gespräche mit der Chefin und seinem Lieblingskollegen tun ihm gut. Das alles fehlt jetzt. Also lebenswichtige Zuwendung! Und je mehr sie fehlt, desto mieser wird Florians Grundstimmung. Es gilt also, das zu erkennen und sich Wege zu überlegen, wie er seine Zuwendung trotz Home-Office wieder ins Fließen bringt. Und wie er von hier aus andere unterstützen kann.

Warum ist es wichtig, gestärkt in den Winter zu gehen?

Sich zu stärken und gut für sich zu sorgen ist in jeder Jahreszeit wichtig. Kürzere Tage, weniger Möglichkeiten für Aufenthalt im Freien und jetzt zusätzlich die Pandemie-Situation sind aber zusätzlich gute Gründe, um sich zu stärken und gut gestimmt und gestärkt durch den Winter zu kommen. 

Sie bieten auch Coachings für Organisationen sowie Fach- und Führungskräfte an. In welchen Bereichen sehen Sie bei Organisationen und Unternehmen Verbesserungsbedarf und Wachstum?

Ich sehe mich nicht in der Situation, dass ich sage “hier müsste sich etwas verbessern. ” Ich arbeite mit Organisationen, die etwas entwickeln oder verändern wollen. Mal angenommen, ein Unternehmen überprüft die eigene Ausrichtung und will ein neues Leitbild entwickeln: Werte, Selbstverständnis, Aufgaben und Ziele neu definieren. Solche Prozesse gestalte ich sehr gerne. Es ist klasse, wenn als Ergebnis alle ein gemeinsames Ziel verfolgen und motiviert dabei sind. 

Erfolgreiche Veränderungen im Unternehmen sind vom “Faktor Mensch” abhängig. Wie beschreiben Sie dieses Element im Unternehmen?

Mal angenommen, ein Unternehmen wird umstrukturiert, Stellen werden gestrichen, neu besetzt, Abläufe modifiziert. Das ist für alle ein enormer Stress. Wenn sich die, die da vielleicht schon seit Jahren arbeiten, nicht mitgenommen, schlecht informiert oder nicht auf Augenhöhe abgeholt fühlen, dann kommt der “Faktor Mensch” ins Spiel: die Stimmung kippt, Streit, Frust, Krankentage können die Folge sein. Resiliente Unternehmen, also solche, die gut mit Veränderungen klar kommen, zeichnen sich dadurch aus, dass sie in persönliche Entwicklung und gute Führung investieren, dass ein wertschätzender Umgang selbstverständlich und eines der wesentlichen Ziele eine gesunde, motivierte Belegschaft ist. 

Während der ersten 100 Tage werden bei einer Führungskraft für viele weitere Prozesse die Weichen gestellt, schreiben Sie au Ihrer Homepage. Welche Aufgaben empfehlen Sie einer Führungskraft in diesen 100 Tagen?

Erstmal Ohre auf: Zuhören und Verstehen. Rausfinden, was genau erwartet wird. Wertschätzung für das zeigen, was geleistet wurde. Dann das Gelernte auswerten, Ziele ermitteln und schließlich eindeutig kommunizieren, wo die gemeinsame Reise hingehen soll. Schließlich wollen ja auch alle wissen, wo sie mit der Neuen oder dem Neuen dran sind. Die ersten Entscheidungen sollten auf einfachem Weg eine große Wirksamkeit entfalten. 

Sie beraten auch Einzelpersonen und Paare. Mit welchen Sorgen und Probleme kommen diese auf Sie zu?

Manchmal ist es eine Krise, eine Schieflage in einer Beziehung, Probleme am Arbeitsplatz oder der Wunsch nach persönlicher oder beruflicher Neuorientierung. Besser mit selch selbst umzugehen oder öfter mal “nein” sagen. Bei Paaren gibt es häufiger mal Kommunikationsprobleme, oder die Kinder sind gerade aus dem Haus – das Paar möchte sich neu finden, die Elternrolle steht plötzlich nicht mehr im Vordergrund. In einem Beratungs-Setting darüber zu sprechen, ist schon ein wirksamer Schritt Richtung Veränderung. 

 

 

 

Ute Kröger

… schafft Raum, um neues Denken, Fühlen und Handeln zu entwickeln. Sie macht komplexe Themen kreativ zugänglich und für den Unternehmensalltag nutzbar.